Immer häufiger sieht man Werbungen oder Videoclips mit Zeitraffer-Effekten. Natürlich könnte man zu diesem Zweck einfach ein Video drehen und dieses später schneller abspielen. Doch mit einer Digitalen Spiegelreflexkamera oder einer spiegellosen Systemkamera gelingen Timelapse-Videos viel besser. In diesem Tutorial stellen wir alle wichtigen Tipps zusammen.
Einleitung
Ein Timelapse-Video (engl. für Zeitraffer) wird aus einer Serie von Einzelbildern erstellt. Je nach Art und Geschwindigkeit der Veränderung im Motiv (z.B. Sonnenuntergang oder Passanten auf Platz) schwankt das Intervall der Aufnahmen, z.B. eine Aufnahme alle 5 oder 10 Sekunden. Die einzelnen Bilder werden später als Video mit 24 oder 30 Bildern pro Sekunde wiedergegeben. So ergibt sich der Zeitraffer-Effekt.
Welche Kameras sind für Timelapse/Zeitraffer-Videos geeignet?
Zeitraffer-Aufnahmen können grundsätzlich mit jeder Kamera erstellt werden. Am besten gelingen die Bilder-Serien mit der Timer-Funktion oder mit einem externen Auslöser mit Timer. Aber auch mit Webcams können mit geeigneter Software Serienaufnahmen erstellt werden.
DSLRs – Digitale Spiegelreflexkameras
DSLRs sind für Timelapse-Aufnahmen gut geeignet, da i.d.R. alle erforderlichen Aufnahmeparameter genau gesteuert werden können. Viele hochwertige DSLRs besitzen einen eingebauten Timer, aber auch alle anderen DSLRs können mit einem externen kabelgebundenen Timer oder Funk-Auslöser gesteuert werden. Besonders geeignet sind DSLRs mit fixierbarem Spiegel.
Systemkameras
Kompakte Kameras mit Wechselobjektiven wie Olympus/Panasonic MFTs, Sony NEX, etc. sind sehr gut für Timelapse-Aufnahmen geeignet, da hier kein Spiegel hochklappt. Die Einstellmöglichkeiten sind ähnlich umfangreich wie bei DSLRs. Allerdings wird meist ein externer Auslöser/Timer benötigt.
Bridge- und Kompaktkameras
Die meisten Kompakten können nicht wirklich manuell gesteuert werden. Höherwertige Kompaktkameras wie die Panasonic Lumix LX Modelle können jedoch zumindest extern ausgelöst werden, einige Modell, z.B. die Ricoh GX200 verfügen über einen eingebauten Timer.
Eine Besonderheit sind Canon-Kameras der PowerShot- und Ixus-Reihe. Mit der Software CHDK kann man ihre Firmware und damit ihren Funktionsumfang erheblich erweitern: sie können RAW speichern und per USB ferngesteuert werden. Außerdem können sie sehr komplexe Skripts ausführen, etwa „mache jeden Tag zwischen 5:30 und 7:30 im Intervall von 10 Sekunden eine Aufnahme“. Damit sind Canon Kompaktkameras erste Wahl für komplexe Zeitraffer-Projekte!
Im deutschsprachigen CHDK-Forum wird die Software erläutert, außerdem stehen viele Skripts zur Verfügung.
Action-Kameras
Auch einige Helm-Kameras wie die GO PRO Hero 2 besitzen einen eingebauten Timer für Intervallaufnahmen und sind somit für Timelapse-/Zeitraffer-Videos geeignet. Aufgrund der speziellen Bauart sind hier jedoch nur sehr wenige Einstellungen möglich, dafür bieten Actionkameras teils extreme Bildwinkel. Zudem sind als Zubehör Unterwassergehäuse sowie Halterungen für jede erdenkliche Montagesituation verfügbar.
iPhones und andere Smartphones
Wie sollte es anders sein: auch mit einem iPhone können mit APPs wie Zeitrafferkamera HD automatisch Timelapse-Animationen erstellt werden. Je nach Telefon & Betriebssystem werden SD- oder HD-Aufnahmen unterstützt, die Apps verfügen z.T. über viele Einstellungen wie Belichtungs- und Fokusfixierung.
Webcams
Insbesondere für Aufnahmeserien über längere Zeiträume, z.B. um den Verlauf der Jahreszeiten oder den Fortschritt einer Baustelle zu dokumentieren eignen sich Webcams. Ihre Bilder sind ggf. nicht so hochwertig wie die reiner Fotokameras, dafür arbeiten sie je nach Software mehr oder minder autark. Zudem gibt es für die Objektüberwachung fernsteuerbare Modelle mit WLAN oder IP-Verbindung.
Video-Kameras
Auch normale Filmkameras sind geeignet, hier können in der regulären Video-Nachbearbeitung Zeitraffer-Effekte erzeugt werden.
Was ist der richtige Standort für Timelapse/Zeitraffer-Aufnahmen?
Der richtige Standort für eine Zeitraffer-Aufnahme hängt in erster Linie von der Gestaltungsabsicht ab. Man sollte aber beachten, dass sich Bewegungen in der Nähe der Kamera im Bild stärker auswirken weiter entfernte Bewegungen. Deshalb sollte ggf. ein Standort gewählt werden, bei dem zwischen der Kamera und beweglichen Motiven ein gewisser Abstand herrscht. Ein Passant, der nah an der Kamera vorbeiläuft, ist z.B. bei einem Belichtungsintervall von 10 Sek. u.U. gar nicht zu sehen, während er aus einiger Entfernung aufgenommen in mehreren Frames erscheint und so dem Zeitraffer Leben einhaucht.
Handelt es sich um eine Bilderreihe mit veränderlichen Lichtverhältnissen, etwa beim Übergang von Tag zu Nacht, wird eine automatische Belichtung der einzelnen Aufnahmen erforderlich. In diesem Fall sollten im Vordergrund keine Passanten oder Autos durchs Bild laufen bzw. fahren, da diese zu sehr großen Abweichungen der Belichtung führen können, was später nur schwer zu korrigieren ist.
Die richtigen Kameraeinstellungen für Timelapse-Zeitraffer-Aufnahmen
Wenn sich die Lichtverhältnisse während der Aufnahmeserie nicht wesentlich ändern, ist die manuelle Belichtungseinstellung (Modus “M”) die erste Wahl. Hier empfiehlt sich eine der Motivserie angemessene Belichtungszeit, um die einzelnen Bilder korrekt einzufrieren oder verwaschen zu lassen.
Automatische Belichtung von Timelapse-Bilderserien
Bei langen Serien mit veränderlicher Lichtsituation ist es sinnvoll, die Belichtung über die gesamte Zeit automatisch anzupassen. Die Belichtung sollte dabei über die Zeit und die ISO verändert werden, da sich mit der Blende immer auch die Tiefenschärfe ändert. Für Timelapse-Aufnahmen bzw. Belichtungsserien mit Schwankungen der Lichtverhältnisse ist deshalb der Modus Blendenpriorität (Modus A) zu empfehlen. Beim kompletten Übergang von Tag zu Nacht (und andersherum) kann ist es ratsam, für die jeweiligen Endstellungen vorher zu testen, da die reine Veränderung der Belichtungs-Zeit schnell an ihre Grenzen gerät. Ggf. ist eine veränderliche ISO hilfreich.
Die richtige Blende für Timelapse-Aufnahmen
Aus fotografischer Sicht ist die richtige Blende von der gewünschten Tiefenschärfe abhängig. Da bei jedem Bild jedoch von der Arbeitsblende mehr oder minder genau auf die eingestellte Blende geschlossen wird, kann es ggf. sinnvoll sein, mit offener Blende zu fotografieren, um ungewollte Schwankungen der Tiefenschärfe zu vermeiden. Bei Objektiven mit manueller Blendeneinstellung über einen Blendenring kann auch eine andere Blende eingestellt werden.
Insbesondere bei Kameras mit kleinem Sensor sollte keine zu kleine Blende verwendet werden, da hier aufgrund von Beugungseffekten die Schärfe wieder stark abnimmt. Optimal sind Werte zwischen 5,6 und 8.
Der richtige Fokus-Modus für Timelapse-Aufnahmen
Für alle Kameras empfiehlt es sich manuell zu fokussieren bzw. den Autofokus nach dem Fokussieren zu deaktivieren. Dies spart Strom und verhindert insbesondere ein „Pumpen“ des Bildes durch unterschiedliche Schärfeebenen.
Hyperfokal Fokussieren
Bei Landschaftsaufnahmen kann durch hyperfokales Fokussieren der scharf abbildbare Bereich vergrößert werden, alternativ kann eine kleinere Blende verwendet werden: Anstelle auf den Horizont bzw. auf „unendlich“ zu fokussieren wird ein Punkt in ca. 1/3 der gewünschten Distanz scharfgestellt. Mehr dazu hier:
Ein praktisches Tool zur Berechnung der richtigen hyperfokalen Distanz ist der Tiefenschärfe-Rechner.
Das richtige Dateiformat für Bilderserien
Wenn ein ausreichend großer Speicherchip zur Verfügung steht ist es sinnvoll, alle Aufnahmen als RAW-Dateien aufzuzeichnen, ggf. auch als JPG + RAW. Bei Verwendung von RAW kann im Nachhinein die Farbtemperatur angepasst werden.
Das richtige Intervall für Timelapse-Aufnahmen
Die richtige Bildfrequenz für Zeitraffer-Aufnahmen ist von der Geschwindigkeit der Veränderung im Motiv, von der angestrebten Dauer und der Geschwindigkeit der Wiedergabe abhängig. Für eine flüssige Wiedergabe werden mindestens 24 Bilder pro Sekunde (fps) benötigt. Hier ein paar Richtwerte:
- Vorüberziehende Wolken: ca. 5-15 Sek.
- aufgehende Knospen/Blüten: ca. 30-60 Sek.
- Menschen auf Platz ca. 1-5 Sek.
- Sonnenaufgang/Sonnenuntergang ca. 5-15 Sek.
- Jahreszeiten oder Bauprojekt ca. 1 Aufnahme/Stunde bis 1 Bild/Tag
Strom sparen
Bei längeren Aufnahmeserien ist der verfügbare Strom das limitierende Element. Deshalb sollten alle unnötigen Stromverbraucher deaktiviert werden: Autofokus, Display bzw. elektronischer Sucher, Vibrationsreduktion bzw. Bildstabilisator, Gesichtserkennung, GPS, Bildvoransicht, Fokus-Hilfen, etc.
Tipps für bessere Zeitraffer-Aufnahmen
Ein stabiles Stativ ist Pflicht, Mittelsäule nicht zu weit ausziehen.
Bei DSLRs sollte der Spiegel hochgeklappt werden, das spart Strom und vermeidet Vibrationen. Optische Sucher sollten abgedeckt werden, damit auf diesem Weg kein Licht auf den Sensor fallen kann.
Tools & Software für die Erstellung der Zeitraffer-/Timelapse-Videos
Zeitrafferaufnahmen können mit Video-Schnitt-Software aus Bilder-Serien erstellt werden. Außerdem eignen sich Bildarchivierungs-Programme, die Diashows mit kurzen Bildfolgen als Film exportieren können. Zudem gibt es spezielle Tools, um Bilderserien in Timelapse-Videos umzuwandeln.
Kostenlose Software/Freeware für Windows zum Erstellen von Timelapse-Videos
Ein leistungsfähiges Tool zum automatischen Erstellen von Zeitraffer-Videos ist „Picture to Avi“ Das Programm unterstützt Webcams und bietet einige Effekte zur Nachbearbeitung an:
Ein umfassendes, ebenfalls kostenloses Tool ist „Virtual Dub“, ein kurzer Test dazu bei Chip.
Eine nochmals getunte Version von Virtual Dub ist VirtualDub Mod (hier der Link zu Netzwelt).
Die Freeware „Images to Video“ unterstützt AVI/MPEG4, WMV, FLV, MOV und VP8:
Kostenlose Timelapse-Software für MAC
Für MAC-User existiert eine besonders einfache Lösung zum Erstellen von Timelapse-Videos. Das Programm „TimeLapseAssembler“ erstellt aus einer Serie von JPGs automatisch ein Video. Dabei müssen nur die gewünschte Framerate, gewünschte Qualität und Video-Codec sowie eventuell eine Skalierung eingestellt werden:
Software für professionelle Timelapse/Zeitraffer-Videos
Mit den meisten professionellen Bildbearbeitungs- und Bildverwaltungsprogrammen können Bilderserien als Video exportiert werden. Besonders geeignet ist jedoch Adobe Lightroom (Download der Testversion), das den Zeitraffer-Film direkt aus RAW-Bildern erstellen kann. Dabei können mit der Freeware LRTimelapse sogar alle Parameter der RAW-Entwicklung einzeln animiert werden, z.B. Farbtemperatur, Bildausschnitt, Belichtung, etc. Dazu gibt es viele Tutorials, u.a. ein schnelles Tutorial für Zeitraffer mit Lightroom und LRTimelapse sowie eine ausführliche Anleitung zur Verwendung der Software LRTimelapse.
Auch für Apples Aperture » jetzt Photos existiert ein Plugin für den Export von Timelapse-Videos, jedoch können hier die Entwicklungsparameter nicht animiert werden.
Zeitraffer-Software für Webcams
Auch für die Erstellung von Zeitraffer-Videos mit Webcams gibt es eine All-in-One-Lösung: „Picture to Avi“ (siehe oben).
Ein einfaches JAVA-Tool für Windows und Linux zum zeitgesteuerten Aufnehmen einzelner Bilder mit einer Webcam ist JCapture:
Auch mit dem in den Microsoft Power Toys enthaltenen Programm „Webcam Timershot“ können Webcams direkt für die Erstellung von Timelapse-/Zeitraffer-Videos verwendet werden.
Tipps für den Export vorn Zeitraffer-Videos
Die Auflösung aktueller Fotokameras übertrifft die gängigen Videoformate. Allerdings lassen sich mit einer geeigneten Software wie Lightroom auch Videos in 4K Auflösung exportieren. Gerade tauchen die ersten Fernseher und Beamer auf, die diese Auflösung unterstützen.
All-in-One-Lösung: Zeitraffer/Timelapse-Videos mit dem iPhone
Besonders komfortabel gelingen Timelapse-Videos mit dem iPhone. Es gibt mehrere Apps, die Intervall-Aufnahmen erstellen und daraus direkt Zeitraffer-Filme erstellen, z.B. Zeitrafferkamera HD. Wenn man kein spezielles iPhone-Stativ besitzt, hilft evtl. Haftpaste beim Ausrichten/Fixieren des Telefons.
Tipps & Zubehör für Zeitrafferaufnahmen
Externe Stromversorgung
Für größere Bildserien oder Serien mit größeren Intervallen bzw. Zeitabständen zwischen den Aufnahmen sowie bei kalten Außentemperaturen empfiehlt sich eine möglichst leistungsstarke Stromversorgung. Dies kann je nach Kamera ein größerer Akku, ein Handgriff mit zusätzlichem Akku, ein Netzgerät oder KFZ-Adapter oder ein externer Akku sein. Mehr dazu bei „Tipps zur externen Stromversorgung für Timelapse-Aufnahmen“
Externer Timer
Wir verwenden einen Funk-Fernauslöser mit Timer. Je nach Aufnahme-Situation kann der Auslöser auch direkt an die Kamera angeschlossen werden. Auf volle Batterien achten!
Checkliste Timelapse-/Zeitraffer-Aufnahmen
Vorbereitung
- Volle Akkus
- ausreichend große Speicherkarte
- stabiles Stativ
- wind- und wettergeschützter Aufnahmeort
- Batterien im Auslöser checken
Kameraeinstellungen
- richtige Auflösung, wenn möglich RAW
- Bildausschnitt etwas größer wählen
- manuell fokussieren, Autofokus aus
- Belichtung auf M (für gleichbleibende Lichtverhältnisse) oder A (für veränderliche Lichtverhältnisse), kleinste (offene) Blende wählen oder feste Blende
- Belichtungsmessung auf einem Spot, wo keiner reinlaufen kann oder Integral
- ISO so wählen, dass genügend Spielraum bei der Belichtungszeit bleibt
- Bildfrequenz einstellen, besser kürzer für flüssige Wiedergabe
- Nur DSLR: Spiegel hochklappen, ggf. optischen Sucher abdecken
- Alle unnötigen Stromverbraucher abschalten
Weblinks zu Timelapse-/Zeitraffer-Aufnahmen
- Beispiel-Videos auf VIMEO
Abschließend noch ein Beispiel für eine Stop-Motion Animation als Timelapse/Zeitraffer:
Wie sind Eure Erfahrungen? Bitte schreibt Eure Fragen, Tipps & Tricks in die Kommentare.